Liebe SEAlosophinnen, liebe SEAlosophen,
machen wir es heute mal kurz, bevor in diesem Newsletter während der Regular Season hoffentlich wieder mehr los sein wird. Hier ist meine Kader-Vorhersage für die Saison 2021.
Quarterback (2): Russell Wilson, Geno Smith
Für eine Überraschung fehlt schlicht das Personal. Wilson war in der Preseason sinnvollerweise nicht zu sehen. So blieben der Konkurrenz große Teile der überarbeiteten Seahawks-Angriffsabteilung unter dem neuen Offensive Coordinator Shane Waldron verborgen. Und so konnte er nicht umgerannt werden wie Smith, der eine Gehirnerschütterung erlitt und Teile der Preseason verpasste. Trotzdem reicht es für ihn locker im Duell gegen Sean Mannion und Alex McGough, da genügen die Trainingseindrücke und sein souveräner Auftritt in Week 3 der Vorbereitung. Smith ist kein Colin Kaepernick, aber ein okayer Backup. Mannion landet mit etwas Glück als dritter Quarterback in der Practice Squad.
Running Back (6): Chris Carson, DeeJay Dallas, Alex Collins, Travis Homer, Rashaad Penny, Nick Bellore
Über Carson und Dallas müssen wir nicht diskutieren, sie sind gesetzt als Two-Down und Third-Down Backs. Dahinter hat Collins in der Preseason mit einem starken Auftritt seinen Platz gesichert. Travis Homer rettet sich als guter Blocker in den Kader, doch die Luft wird dünn, weil er in Sachen Verletzungsanfälligkeit weiter C.J. Prosise nacheifert und weil Dallas auch gut und gerne blockt. Die Prognose, dass Rashaad Penny per Schnäppchen-Trade bei den Baltimore Ravens landet, weil die gerade J.K. Dobbins mit einer Knieverletzung verloren haben, gehe ich nicht mit. Sein Status als Erstrundenpick rettet Penny 2021 noch – allerletzte Chance. Bellore ist inzwischen wieder weniger Fullback und mehr Linebacker, aber dazu später mehr.
Wide Receiver (6): DK Metcalf, Tyler Lockett, Dee Eskridge, Penny Hart, Freddie Swain, Cade Johnson
Fünf Spieler sind gesetzt, dahinter ist ein Platz frei, wenn die Seahawks sechs Receiver mit in die Saison nehmen wollen. Das taten zumindest die Los Angeles Rams 2020 (2019 waren es sogar sieben), als Shane Waldron dort noch unterwegs war. Ich gebe Johnson diesen Platz, weil von ihm in Preseason und Training Camp scheinbar (ich war nicht vor Ort) am meisten zu sehen war. Er bekommt den Vorzug gegenüber Cody Thompson, obwohl der eine große Anspielstation für die Außenbahn darstellen würde. Einen klassischen Preseason-MVP gab’s dieses Jahr ausnahmsweise mal nicht in Seattle (Grüße gehen raus an Troymaine Pope und Kasen Williams), deshalb wäre ich nicht überrascht, wenn am Ende doch nur fünf Receiver im 53-Mann-Kader stehen. Was für mich feststeht: Die Undrafted-Free-Agent-aus-Stanford-Liebesgeschichte wiederholt sich nicht. Connor Wedington zeigte dafür zu wenig – vielleicht auch, weil das Quarterback-Spiel von Sean Mannion und Alex McGough und die Backup-O-Line keine optimalen Bedingungen für junge Receiver mit Target-Bedarf darstellten.
Tight End (3): Gerald Everett, Will Dissly, Colby Parkinson
Machen wir’s kurz. Alle drei Spieler sind gesetzt, wenn fit. Diese Frage stellt sich aktuell nur bei Parkinson, doch er soll sich nach überstandener Fußverletzung bereits wieder im Lauftraining befinden und sollte daher die Saison nicht auf der PUP-Liste beginnen.
Offensive Line (9): Duane Brown, Damien Lewis, Ethan Pocic, Gabe Jackson, Brandon Shell, Jamarco Jones, Cedric Ogbuehi, Kyler Fuller, Phil Haynes
Die herannahende Regular Season war oft ein Druckmittel, um Gehaltsstreiks zu beenden – von beiden Seiten aus. Die Seahawks wollen ihren besten O-Liner nicht auf der Tribüne schmoren sehen. Und Brown will kein Geld durch verpasste Spiele verlieren. Es wird zu einer Einigung kommen. Die Stammformation dürfte mit Brown, Lewis, Pocic/Fuller, Jackson und Shell stehen. Dahinter gibt’s nicht wirklich Überraschungen. Jones und Ogbuehi sind die Backups auf Tackle, wobei Jones auch Guard spielen kann und deswegen ein anderer Guard den Cuts zum Opfer fällt: Jordan Simmons. Dass er es nicht in den Kader schafft, liegt auch an der Versatilität der weiteren Interior Linemen, denn Pocic und Fuller beherrschen Guard und Center. Und Phil Haynes war den Reportern vor Ort im Training Camp zufolge eine Bank. Rookie Stone Forsythe bekommt unterdessen noch Zeit in der Practice Squad.
Linebacker (4): Bobby Wagner, Jordyn Brooks, Cody Barton, Jon Rhattigan
Diese vier Spieler sind eigentlich fünf, denn Fullback Nick Bellore spielt auf seine alten Tage wieder Linebacker (wie er es in seiner Jugend und den ersten Jahren als Profi tat). Wagner und Brooks sind als Starter gesetzt – ich gehe bewusst von der Nickel-Formation mit zwei Linebackern und fünf Defensive Backs aus, um die Personalnot hier nicht noch größer zu machen. Barton ist ein ordentlicher Backup, aber selbst im Tandem mit Bellore liegen Welten zwischen Startern und Backups. Edge Rusher Darrell Taylor könnte vereinzelt als dynamischer Linebacker/D-Liner-Hybrid auftreten, wie es Bruce Irvin immer tat, doch in der Passverteidigung ist er einfach keine Musterlösung. Weder Rhattigan noch Aaron Donkor taten in der Defensive genug, um sich in den Kader zu spielen. Hätte ich die Wahl, würde ich Donkor aufgrund seiner Physis für die Special Teams (wo er in der Preseason viele Snaps bekam) in die 53 holen, doch den Luxus eines reinen Special Teamers können sich die Seahawks in der unterbesetzten Positionsgruppe nicht leisten. Somit fällt die Wahl pragmatisch auf den in der Defensive erfahreneren Rhattigan. Und nein: Der K.J.-Wright-Zug ist abgefahren. Die Seahawks wollen dem hoch gedrafteten Brooks Spielzeit geben und für eine Backup-Rolle oder die Special Teams wäre Wright zu teuer.
Defensive Back (9): Ahkello Witherspoon, D.J. Reed, Jamal Adams, Quandre Diggs, Tre Flowers, Tre Brown, Marquise Blair, Ugo Amadi, Ryan Neal
Überasschungen: Fehlanzeige. Witherspoon und Reed sind die Starter auf den Außenbahnen, Blair im Slot. Flowers, Brown und Amadi sind ordentliche Backups, die bei Ausfällen aber für den einen oder anderen Schweißausbruch bei den Coaches sorgen dürften. Aber selbst bei bester Gesundheit gibt es gerade bei den Cornerbacks Fragezeichen in Sachen Qualität. Erfreulich ist derweil, wie vielseitig Blair und Amadi zwischen Safety und Slot-Cornerback wechseln können – und dass Rookie Brown die Scouting-Eindrücke zu bestätigen scheint. Trade-Neuzugang John Reid fehlte nach gutem Einstand im Camp einfach die Zeit, den Vorsprung der Kollegen wettzumachen. Auf Safety sieht die Lage etwas entspannter aus, da Neal bei vielen anderen Teams Starter wäre. Vom gehypten Aashari Crosswell haben wir in der Preseason vermutlich so wenig gesehen, weil die Seahawks-Verantwortlichen ihn ungefährdet in die Practice Squad schmuggeln wollen.
Defensive Line (11): Carlos Dunlap, Benson Mayowa, Darrell Taylor, Alton Robinson, Rasheem Green, Kerry Hyder, L.J. Collier, Poona Ford, Al Woods, Bryan Mone, Geno Atkins
Nix zu sehen hier. Echten Konkurrenzkampf um die Kaderplätze gab es bei den Defensive Ends nicht mehr, seit Aldon Smith sich verabschiedete. Alle vorhandenen Edge Rusher bleiben im Kader. Die Frage nach den Startern ist ein anderes Kapitel. Collier wird gelegentlich in die Mitte rutschen, Taylor auf die Linebacker-Position. Bei den Defensive Tackles tippe ich auf einen Neuzugang: Geno Atkins war vor ein paar Tagen zum Probetraining in Seattle und das Interesse an einer Zusammenarbeit beruhte danach auf Gegenseitigkeit. Der Veteran träfe in Seattle auf seinen alten Bengals-Teamkollegen Dunlap. Er komplettiert in meinen Vorstellungen die innere Verteidigungslinie mit Ford sowie den Nose Tackles Woods und Mone, weil Robert Nkemdiches Verletzung nach Cut oder Injured Reserve klingt.
Special Teams (3): K Jason Myers, P Michael Dickson, LS Tyler Ott
Dickson puntet sexy, Myers kickt konstant, Ott snapt präzise. Hier gibt’s nix zu sehen. Naja, außer geilen Highlights eben:
Bis 22 Uhr deutscher Zeit am Dienstag müssen alle 32 Teams ihre Kader auf 53 Spieler reduziert haben. Die Seahawks machten ihre bisherigen Cuts schon jeweils einen Tag früher, also könnte sich bereits heute etwas tun. Danach werden die Practice Squads gebildet, die wie schon 2020 16 Spieler pro Franchise beherbergen. Aaron Donkor und die anderen Spieler aus dem International Player Pathway Program (IPP) zählen als 17. Spieler nicht gegen dieses Limit, sofern sie im IPP-Modus bleiben und nicht in die reguläre Practice Squad aufgenommen werden (von wo aus sie noch leichter für Spiele aktiviert werden könnten).
Wenn auch ihr eure Prognose für den Kader der Seahawks in der Saison 2021 abgeben wollt, könnt ihr das gerne über dieses Tool tun, das ich vor einem Jahr bei den German Sea Hawkers drüben konzipiert habe. Viel Spaß damit – und denkt dran: Für uns mag der Tag der Roster Cuts ein spannender sein, aber für viele Spieler endet hier der Traum von der NFL-Karriere vorerst oder endgültig.
SEAlosophische Grüße
Max